FAQ - Allradantrieb


Warum haben einige Allradfahrzeuge zwischen Vorder- und Hinterachse eine andere Verteilung als 50:50?

Bei starkem Beschleunigen und wenn man bergauf fährt, wird die Hinterachse stärker belastet, als die Vorderachse. Bei einer 50:50 Verteilung der Antriebsmomente kann nun folgendes passieren:

Die Vorderachse kann beispielsweise 1000 Nm auf die Straße bringen, die Hinterachse aber 2000 Nm. Bei einer 50:50 (= 1:1) Verteilung heisst das, dass insgesamt höchstens 1000+1000 Nm übertragen werden können, denn sobald die Vorderachse versucht, mehr als 1000 Nm zu übertagen, rutscht sie durch. Das Zentraldifferenzial erlaubt wegen der 50:50 Verteilung daher höchstens 1000 Nm auf der Hinterachse: Obwohl also das Kraftschlusspotential ausreicht, um bis zu 1000+2000 Nm auf die Strasse zu bringen, werden höchstens 1000+1000 Nm übertragen.

Um diesem Verlust an Vortrieb abzuhelfen, wählt man eine andere Verteilung, beispielsweise 40:60 (= 2:3), dann kann über die Hinterachse das eineinhalbfache dessen übertragen werden, was die Vorderachse erlaubt, also 1000+1000 ×3/2 - wir könnten also insgesamt 2500 Nm auf die Strasse bringen.

Eine stärkere Verteilung der Antriebsmomente zur Hinterachse wird vorteilhafter, ...

Eine Verteilung, bei der die Vorderachse mehr bekommt, beispielsweise 3:2 ist bei permanenten Allradantrieben nicht üblich, denn die Belastung der Vorderachse steigt beim Bremsen bzw. bergab – in diesen Fällen braucht man aber keine bzw. wenig Motorleistung.

Andere Allradkonzepte lassen dagegen eine stärkere Belastung der Vorderachse zu. Bei solchen Konzepten stattet man beispielsweise einen starken Fronttriebler mit einem relativ schwachen Antriebsstrang zur Hinterachse aus. Das Fahrzeug bleibt so ein Frontantrieb mit gewisser Unterstützung durch die zweite Achse. Vorteil: Das Konzept darf sich Allrad nennen, aber weil das Moment zur Hinterachse begrenzt wird, kann man schwächere = billigere Wellen und Achsgetriebe für die Hinterachse verwenden.


Wie wird die Leistung zwischen vorne und hinten verteilt?

Es gibt viele Fahrzeuge mit Allradantrieb, doch die meisten beruhen auf wenigen Konzepten, bei denen dann einzelne Bauteile variiert werden.

Ein Grundprinzip findet man bei allen Fahrzeugen: Wenn der Allradantrieb aktiv ist, wird die Motorleistung zunächst auf zwei Zweige aufgeteilt (Verteilung zwischen Vorder- und Hinterachse) und dann wird jeder Zweig noch einmal aufgeteilt (Verteilung zwischen linkem und rechtem Rad). Wie die erste Aufteilung (zwischen Vorder- und Hinterachse) ausgeführt wird, zeigt die folgende Übersicht:

Allradkonzepte

Beim differentialgesteuerten (permanenten) Allradantrieb (1) wird die Antriebsleistung stets auf alle (vier) Räder verteilt. Die Mechanik muss dazu zwei Aufgaben erfüllen:

Warum hier eine Sperre unbedingt erforderlich ist, habe auf der Seite ‘Grundsätzliches über Differenziale’ erläutert.

Die Funktionen ‘sperren’ und ‘Leistung verteilen’ können durch kombinierte Differenziale, wie beispielsweise das Helical LSD oder das SuperLSD realisiert werden oder durch die Kombination eines offenen Differenzials mit einer Sperreinrichtung, wie beispielsweise der Viskokupplung.

Kupplungsgesteuert oder automatisch bedarfsgesteuert (2) (auch Hang-On genannt) heißt, dass (6) eine Achse permanent angetrieben wird, die (7) andere Achse nur dann, wenn die permanent angetriebene Achse durchrutscht. Die zweite Achse wird nicht direkt, sondern über eine Viskokupplung, eine Fliehkraft-Kupplung oder eine elektronisch gesteuerte Kupplung zugeschaltet.

In dieser Kombination verbietet sich ein Zentraldifferenzial, wenn nämlich die zweite Achse nur schwach oder gar nicht angekoppelt ist, könnte ein Zentraldifferenzial nichts zur zweiten Achse und damit auch nichts zur ersten Achse übertragen.

Manuell zuschaltbar (3) gibt es bei einfachen, kostengünstigen Antriebsstrangkonzepten. Eine Achse wird permanent angetrieben, die andere wird über Freilaufnaben (an den Rädern) oder über einfache Klauenkupplungen zugeschaltet. Dieses Konzept kann geräuschvoll werden, wenn man beispielsweise bei eingeschalteter Sperre einparkt.


Wieviele Bauteile hat ein Allradantrieb?

Der technische Unterschied fängt erst hinter dem Getriebe an. Ein Fahrzeug, bei dem nur eine Achse angetrieben hat, kommt im günstigsten Falle (Frontmotor/Frontantrieb oder Heckmotor/Heckantrieb) mit diesen Komponenten aus:

Ein Allradantrieb braucht mindestens diese Komponenten:


Warum verbraucht ein Allradler mehr Kraftstoff?

Wenn mehr Getriebeteile bewegt werden, führt das zu einem höheren Kraftstoffverbrauch, denn jede Zahnradpaarung hat einen gewissen Verlust, der das Getriebeöl aufheizt, statt das Fahrzeug anzutreiben. Übliche Getriebewirkungsgrade liegen über 95%, die Leistungsfresser in der Mechanik sind:

Audi hat in den Anfangszeiten des quattro-Konzeptes behauptet, dass bei bestimmten Fahrsituationen der Allradantrieb sogar verbrauchsgünstiger sei, als ein Zweiradantrieb. Begründet wurde dies so: Beim Antreiben nehmen die Verlustleistungen in den Reifen nicht linear, sondern progressiv zu – doppelte Antriebsleistung bedeutet mehr als doppelt so große Verluste durch Walkarbeit in den Reifen.

Wird nun die Antriebsleistung auf vier Räder verteilt, halbiert sich nicht nur die Verlustleistung je Rad, sondern wird noch kleiner – diese Einsparung soll größer sein als der Mehrverbrauch durch die Mechanik. Allerdings ist diese Argumentation in der Literatur nicht (mehr) aufzufinden, was darauf schließen lässt, sich diese Interpretation nicht bestätigt hat. Geblieben ist der Mehrverbrauch, der in den Datenblättern nachgelesen werden kann.


Erhöht der Allradantrieb die Sicherheit?

Der Allradantrieb wird gerne von der Werbung als sicher dargestellt.

Dies trifft auch in speziellen Situationen zu, wenn man beispielsweise in der Kurve Gas gibt, dann müssen die Räder nicht nur die Seitenführungskräfte übernehmen, damit das Fahrzeug der Kurve folgt, sondern sie müssen gleichzeitig Antriebskräfte auf die Straße übertragen. Die Fähigkeit ist aber begrenzt, wie man am Kamm’schen Reibungskreis sieht. Wenn man nun die Räder der angetriebenen Achse überfordert, kann das Fahrzeug nicht mehr der Kurve und dem Wunsch des Fahrers folgen. Wenn man aber die Antriebsleistung noch auf eine zweite Achse verteilen kann, dann lässt sich in Kurven besser beschleunigen bzw. mit höheren Geschwindigkeiten fahren.

Wenn man sich in einer einsamen Gegend durch einen Fahrfehler festgefahren hat, ist die Wahrscheinlichkeit, mit einem Allrad freizukommen größer, als wenn man nur eine angetriebene Achse hat.

Aber Sicherheitsprobleme können beispielsweise in folgender Situation entstehen: Sie befahren eine steile Passstraße mit einem konventionellen Fahrzeug und kommen ins Rutschen. Sie treten die Bremse und das Fahrzeug kommt wieder zum Stillstand. Darauf können Sie sich verlassen, denn der Antrieb wirkt nur auf zwei Räder, die Bremse wirkt aber auf alle/vier Räder.

Beim Allradantrieb ist das Ganze nicht mehr so sicher, denn während Sie ein konventioneller Antrieb daran hindert, die Grenzen der Bodenhaftung zu erreichen, schaffen Sie das mit einem Allradantrieb. Wenn der Allradantrieb aber an seine Grenzen kommt, stehen der Bremse die gleiche Anzahl an Rädern zur Verfügung, die Sie schon nicht mehr vorwärts gebracht haben. Möglicherweise beginnt dann eine Rutschpartie, die nicht mehr aufhört, bis es scheppert oder Sie über die Böschung den direkten Weg ins Tal finden ...

Wichtig: Die Bremse ist beim Allrad nicht besser als beim normalen Fahrzeug. Bei einigen Fahrzeugen findet sich eine 'Hill Descend Control' (HDC), die bei starkem Gefälle und niedrigen Geschwindigkeiten eine Art Brems-Tempomat darstellt und die Bremskraft an den Rädern individuell einstellen kann, so wie das ESP.


Welche Nachteile hat der Allradantrieb?

Die Nachteile des Allradantriebs sind vielfältig: