Grundsätzliches zu Differenzialen

[Aufgabe des Differenzials] · [Wann arbeitet das Differenzial?] · [Differenziale in Allrad-Fahrzeugen] · [Verwandtschaft zwischen Planetengetrieben und Differenzialen]


Jedes Fahrzeug mit mehr als einem angetriebenen Rad braucht ein Differenzial. In der Regel nehmen wir es nicht zur Kenntnis - Nur wenn uns Glatteis am Vortrieb hindert, dann ärgern wir uns darüber.
 

Aufgabe des Differenzials

So macht's die Bahn

So macht's die Bahn: Ausgleich bei Kurvenfahrt
Die Bahn benutzt keine Differenziale sondern nutzt teilweise die Wirkung konischer Radsätze. Bei Kurvenfahrt verschiebt sich der wirksame Durchmesser des kurveninneren Rades auf einen kleineren Durchmesser, der des äußeren Rades auf einen größeren Durchmesser und so gleicht die Achse ungleiche Wege aus.

Ein Differenzial braucht man immer dann, wenn bei einem Fahrzeug mehrere Räder angetrieben werden sollen. Differenziale erfüllen zwei Aufgaben:

In dieser Funktion kommt das Differenzial an zwei Stellen zum Einsatz:

Wenn man mit einem Fahrzeug eine Kurve fährt, macht das äußere Rad mehr Weg, als das kurveninnere Rad. Ohne Differenzial würden die angetriebenen Räder auf der Straße radieren und erheblich schneller verschleißen.

Das Differenzial an der Achse hat noch eine andere interessante Eigenschaft: Es teilt das Antriebsmoment in gleichem Verhältnis (50:50) auf und leitet dieses an die Räder weiter.

 

Wann arbeitet das Differenzial?

Bei ebener Straße und Geradeausfahrt braucht man kein Differenzial. Aber in folgenden Fällen wird das Differenzial in der Achse aktiv:

Daneben gibt es auch noch das Zentraldifferenzial im Verteilergetriebe von Allradfahrzeugen. Dieses arbeitet in folgenden Fällen:

Ohne ein Differenzial würden solche Relativbewegungen zwischen Rädern zu Verspannungen führen. Das wiederum würde zu Geräuschen im Antriebstrang, unnötigem Verschleiß der Räder und unter Umständen zum Verlust der Fahrstabilität führen, wenn z.B. die Hinterachse komplett die Bodenhaftung verlieren würde.
 

Differenziale in Allrad-Fahrzeugen

Fahrzeuge mit permanentem Allradantrieb haben häufig drei Differenziale: Hinter dem Wechselgetriebe haben diese Fahrzeuge ein Verteilergetriebe. Dieses wiederum besitzt ein Zentraldifferenzial mit

Allradfahrzeuge mit einem Zwischendifferenzial benötigen unbedingt ein sperrbares Zwischendifferenzial oder andere Hilfsmittel, um den Leistungsfluss zu verteilen. Dies führt zu dem Paradoxon, das ein Allradler ohne sperrbares Differenzial unzuverlässiger ist, als ein einachsig angetriebenes Fahrzeug: Wenn beim Allradler eines von vier Rädern in der Luft hängt, geht ohne Sperre nichts mehr - der Allradler hat vier empfindliche Räder. Dem einachsig angetriebenen Fahrzeug ist es dagegen egal, wenn die nicht angetriebene Achse in der Luft hängt - bei ihm sind nur 2 von 4 Rädern empfindlich.

Neben den Allradlern mit Verteilergetriebe gibt es auch andere Allrad-Konzepte, bei denen eine Achse permanent angetrieben, und die andere mit einer Kupplung verbunden wird:

 

Verwandtschaft zwischen Planetengetrieben und Differenzialen

Eigentlich ist jedes Differenzial ein spezielles Planetengetriebe, bei dem Sonnenrad und Hohlrad gleich groß sind. Wenn man sich ein normales Planetengetriebe vorstellt und dass Hohlrad immer kleiner und das Sonnenrad immer größer macht, wird der Platz für die Planetenräder immer geringer. Damit Hohlrad und Sonnenrad gleich groß werden können, müssen die Planeten ausweichen und die Zahnräder des Differenzials erhalten die bekannte Kegelverzahnung.

Die folgende Grafik zeigt die Verwandtschaft zwischen Differenzialen und Planetengetrieben. Das Bild zeigt folgende Bauformen:

  1. Normales (rückkehrendes) Planetengetriebe, hier haben die Zahnräder eine zylindrische Form und Schrägverzahnung. Voraussetzung für diese Bauform ist, dass das Hohlrad deutlich größer als das Sonnenrad, so dass die Planeten dazwischen Platz finden. Die Zahnräder sind unempfindlich gegen axiale Verschiebungen.

  2. Wenn Hohlrad  und Sonnenrad ähnliche Durchmesser haben, dann kann man diese Bauform verwenden.

  3. Wenn Hohlrad und Sonnenrad exakt gleich groß sind, dann entsteht das Differenzial - es macht allerdings keinen Sinn mehr, zwischen Sonnenrad und Hohlrad zu unterscheiden. Der Antrieb erfolgt hier immer über den Steg.

Bei Bauform B und C sind die Zahnräder kegelig, d.h. man kann sie sich geometrisch als Kegelstümpfe vorstellen. Die (fehlenden) Spitzen dieser Kegel müssen sich alle in einem Punkt treffen (in der Grafik ist es Punkt 0), damit die Zahnräder einwandfrei aufeinander abwälzen können. Wenn man die Bauformen B und C nicht genau genug einstellt, dann können Geräusche und Verschleiß entstehen.

Bauform A, B und C werden als Zentraldifferenzial verwendet, wobei man A und B nutzt, um die Momentenverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse ungleich zu verteilen. Bauform C wird in Achsdifferenzialen verwendet und bei Zentraldifferenzialen, wenn eine Momentenverteilung von 50:50 zwischen Vorder- und Hinterachse gewünscht wird.

Verwandtschaft zwischen Planetengetriebe und Differenzial

Besondere Bauarten

Die folgende Lösung zeigt übrigens ein sehr kleines Differential