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Canon 10x30 IS von der Objektivseite
Canon 10x30 IS von der Objektivseite

Canon Fernglas 10×30 IS, nur das 8×25 IS von Canon ist vielleicht 10% günstiger. Aber der Nutzen der Bildstabilisierung nimmt mit der Vergrößerung zu.

Was der Bildstabilisator kann

Bildstabilisierung dient, wie bei einer Kamera dazu, unberechenbare Bewegungen des Beobachters auszugleichen und für ein ruhiges Bild zu sorgen. Dabei ist es egal, ob sich der Beobachter auf schwankendem Untergrund befindet oder ob er selbst eine unruhige Hand (Tremor) hat. Das geht natürlich alles nur in gewissen Grenzen, keine Regelung kann Bewegungen 100% ausgleichen.

Bei einem Fernglas mit Bildstabilisator bietet sich der Vergleich zu einem konventionellen Fernglas mit einem Stativ an.

Das Stativ hat Vorteile, wenn die Beobachtung lange dauert (Jagd, Astronomie) oder eine hohe Vergrößerung verlangt wird, da entlastet es die Armmuskulatur. Dazu kann ein Stativ mit jedem Fernglas kombiniert werden, welches sich über ein Gewinde oder einen Adapter befestigen lässt. Diese Vorteile erkauft sich der Beobachter mit zusätzlichem Gewicht und dem großen Platzbedarf (Dreibein). Dieser Platz muss erst mal da sein, was bei stark frequentierten Aussichtspunkten schon mal problematisch wird.

Doch es gibt weitere Situationen, in denen ein Fernglas mit Bildstabilisator erhebliche Vorteile hat:

Hier kann nur der Stabilisator das Bild so beruhigen, dass der Beobachter mehr erkennt.

Was der Bildstabilisator nicht kann

Völlig wirkungslos ist jede Bildstabilisierung, egal ob für die Kamera oder das Fernglas, wenn sich das beobachtete Objekt bewegt. Bei gleichmäßig bewegten Objekten (Rennwagen auf der Piste) kann der Beobachter noch mitziehen, bei unberechenbar wackelnden Objekten (z.B. fliegende Vögel) ist es vorbei.

Ein Bildstabilisator kann das gewollte Schwenken des Fernglases nicht von ungewolltem Zittern unterscheiden. Vor einem Schwenk kann es helfen, wenn der Beobachter den Stabilisator während des Schwenks ausschaltet.

Es gibt Dinge, die auch ein Bildstabilisator nicht dauerhaft kompensieren kann: Das zunehmende Muskelzittern bei längerer Beobachtung, die unbequeme Kleidung die dicker ist und die Bewegung einschränkt oder wenn sich der Beobachters selbst verrenken muss. Irgendwann überschreitet das Wackeln dann die Grenze, die der Bildstabilisator noch ausgleichen kann.

Ein weiteres Problem können längere Beobachtungen in großer Kälte werden, wenn die Batterien oder Akkus dafür nicht ausgelegt sind.

Funktionsprinzipien

Auf dem Markt gibt es mehrere technische Lösungen für die Bildstabilisierung. Sobald das Fernglas kippt oder dreht, wird eine Baugruppe (meist die Prismen) so bewegt, dass der Lichtstrahl vom Objekt trotz der Bewegung des Fernglases das Auge immer aus der ungefähr gleichen Richtung trifft. Von der Theorie der Regelungstechnik ist es nicht möglich, ein System so zu regeln, dass das Bild ganz ruhig bleibt. Aber die Reduktionen sind so deutlich, dass das Zittern dem Beobachter kaum noch auffällt.

In dem Beitrag "Verwackelt? Bestimmung der Sichtlinienstabilität stabilisierter Ferngläser" der FH Aalen werden die Stabilisierungseigenschaften eines Fujinon 1440, Canon 18×50 und eines Zeiss 20×60 untersucht. Dabei wird auch der Effekt dargestellt, der uns das Gefühl einer guten Stabilisierung gibt.

Sehfeld

Bildstabilisierte Ferngläser haben meist einen etwas kleineres Sehfeld, als normale Ferngläser mit vergleichbaren optischen Daten, denn sonst würde im stabilisierten Bild der Rand des Bildkreises beim Stabilisieren ständig mal von der einen und dann von der anderen Seite abgeschnitten. Die folgende Grafik zeigt den Vergleich zwischen einem normalen Fernglas (links) und einem stabilisierten Fernglas (rechts). Das Motiv steht (wie im richtigen Leben) fest, der schwarze Rand symbolisiert das "Guckloch" des Fernglases (Gehäuse).

Animation des Gesichtsfeldes

Beim normalen Fernglas (links) wandert das Gehäuse (schwarzer Kreis) mit der Begrenzung des Sehfeldes (roter Rand) und das Beobachtungsobjekt im Sehfeld wackelt. Dafür ist das Sehfeld groß.

Beim stabilisierten Fernglas (rechts) gleicher Konstruktion ist das optisch bedingte Sehfeld ähnlich groß, aber technisch wird das Sehfeld wird auf den roten Kreis reduziert. Diese Kernzone erscheint bildstabilisiert, doch selbstverständlich wackelt auch hier das Gehäuse. Die Bewegung wird aber aus dem Sehfeld herausgehalten.

Je mehr Ausgleichswinkel das Fernglas schafft, um so kleiner muss das Sehfeld werden - neben anderen Faktoren, die Einfluss auf die Größe des Sehfeldes haben. Dazu kommt, dass es natürlich Sinn macht, mit einem Stabilisator die höhere Vergrößerungen zu nutzen, wodurch das Sehfeld im Vergleich zu den normalen Ferngläsern ebenfalls abnimmt.

Mit diesen Eigenheiten lassen sich verschiedene Beschwerden erklären, die ich in Foren gelesen habe: So soll das Fujinon 14×40 trotz geringerer Vergrößerung ein kleineres Sehfeld als das 15×50 von Canon haben. Wie sich anhand der Herstellerangaben zeigen lässt, können die Canons Ausschläge bis max. 1° bei eingeschaltetem Stabilisator korrigieren, das oft getestete Fujinon 14×40 und das baugleiche Nikon bieten mit 5° aber erheblich mehr, das geht nur, wenn diese Ferngläser das Sehfeld grundsätzlich mehr beschneiden.

Entwackelung

Auf dem Markt sind mehrere Verfahren üblich, die Eigenentwicklungen der Hersteller sind. Die genaue Beschreibung der einzelnen Verfahren finden sich daher bei den Informationen zu den Herstellern.

Neben dem Prinzip ist auch wichtig, wie weit ein System Schwingungen ausregeln kann. Canon-Systeme schaffen eher kleine Winkel, was für festen Stand auf dem Land reichen wird, aber für schwankende Planken oder aus Fahrzeugen heraus zu gering sein könnte.

Wer das beste System sucht, hat es schon deshalb schwer, weil er kaum einen Händler mit entsprechend großer Auswahl finden wird. Andererseits ist das Kriterium Preis sehr stark, so dass ich vermute, dass die meisten Entscheidungen über den Preis gehen. Vor allem, wenn es das erste bildstabilisierte Fernglas ist.

Ohne Strom bzw. ohne Stabilisierung arbeiten alle Ferngläser wie normale Ferngläser. Weil sie meist mehr vergrößern als normale Ferngläser, ist der Nutzen eingeschränkt oder verlangt ein Stativ.

Nachrüstung an konventionellen Ferngläsern

Wer ein sehr gutes und spezielles Fernglas benutzen möchte und bei den stabilisierenden Ferngläsern kein geeignetes Modell findet (z.B. wegen der Lichtstärke), der kann manchmal auch einen Stabi nachrüsten. So bietet beispielsweise Kenyon Gyro einen Stabilisator an, der sich über das Stativgewinde mit einer Kamera oder einem Fernglas verbinden lässt. Allerdings haben solche Lösungen im allgemeinen mehrere Nachteile: Sie sind sperrig und der nackte Anbau-Stabi ohne Fernglas kostet hier so viel wie manches teure bildstabilisierte Fernglas.

Allgemeine Merkmale

Zu den allgemeinen Funktionsmerkmalen gehört beispielsweise die Vergrößerung. Sie wird traditionell als erste Zahl in der Modellbezeichnung angegeben. So hat ein 7×50 Feldstecher eine 7-fache Vergrößerung. Mit Ausnahme von Fujinon, hier sind es die ersten beiden Ziffern, kann man am × erkennen, wo die Ziffern der Vergrößerung enden.

Die schwächeren Vergrößerungen eignen sich, um einen Überblick im Wald oder auf der Rennbahn zu bekommen, die stärksten Vergrößerungen helfen bei astronomischen Beobachtungen oder interessanten Vogelnestern.

Mit der schwachen Vergrößerung den Vogel suchen und mit der starken Vergrößerung dann sein Nest beobachten - den Ausweg aus diesem Dilemma könnten bildstabilisierende Zoom-Ferngläser bilden - wenn es sie denn gäbe. Ähnlich wie die Bildstabilisierung sind die Zoom-Ferngläser nur Randexistenzen im Zoo der Fernglas-Modelle. Ob der Zoom in Verbindung mit der Bildstabilisierung qualitativ und technisch überzeugen könnte, lässt sich dagegen schlecht aus den Erfahrungen mit Foto-Objektiven ableiten, da die Ferngläser völlig anders als Foto-Objektive stabilisieren.

Eine Voraussetzung für die Lichtstärke ist der Objektivdurchmesser, der traditionell an zweiter Stelle der Modellbezeichnung und in Millimetern angegeben wird. So hat ein 7×50 Feldstecher einen Objektivdurchmesser von 50 mm.

Über andere wichtige Größen machen die Hersteller meist keine Angaben. Dazu gehört die Transmissivität, das ist gewissermaßen der Lichtwirkungsgrad und beschreibt die Durchlässigkeit für Licht. Theoretisch kann nicht mehr als 100% des Lichtes, das am Objektiv eintritt, zum Okular austreten. In der Praxis schaffen nur die teuersten Ferngläser mehr als 90% Durchlass. Bei dem Ramsch aus der Grabbelecke bleibt auch schon mal die Hälfte des Lichtes im Fernglas stecken, wodurch die Bildhelligkeit und der Kontrast leiden.

Doch kommen wir noch einmal zur Lichtmenge. Der Zusammenhang mit der Physiologie beginnt mit dem variablen Durchmesser der Pupille, also dem schwarzen Fleck im Auge, der von der Iris (bunter Kreisring) umschlossen wird. Die Pupille ist nichts anderes als das freie Loch, welches die Blende namens Iris dem Licht zum Eintritt in das Auge übrig lässt. Die Iris lässt je nach Innendurchmesser (Pupillendurchmesser) mal viel und mal wenig Licht durch zur Netzhaut.

Häufig wird der maximale Pupillendurchmesser bei Dunkelheit nach Akkommodation (verzögerte Anpassung an die Dunkelheit) mit 7 mm angegeben. Die gängige Meinung ist, dass dieser Wert bei älteren Menschen kleiner wird. Diese Behauptung wird oft zitiert, aber praktisch nie belegt, weshalb ich eine 'urban legend' nicht ausschließe.

Die Öffnung unserer Pupille begrenzt die Lichtmenge, die in unser Auge fällt. Wenn wir ohne Fernglas in die Welt schauen, ist diese Begrenzung tatsächlich wirksam. Mit Fernglas sieht es aber ganz anders aus, denn das Auge wird durch die Augenmuscheln von Streulicht abgeschirmt, es kommt also nur Licht aus dem Okular. Der Durchmesser des Strahlenbündels aus dem Okular hängt alleine von den optischen Eigenschaften des Fernglases ab und der Durchmesser der Austrittspupille ändert sich etwas mit der eingestellten Entfernung und sonst nur bei Zoom-Ferngläsern.

Die Pupille unseres Auges passt sich dagegen den Lichtverhältnissen an, so im Verhältnis der Durchmesser von Augen-Pupille zu Austrittspupille des Okulars (AP) drei Möglichkeiten auftreten können:

Praktisch bedeutet es, dass man für Dämmerung und Dunkelheit ein Fernglas mit möglichst großer [AP] = [Objektiv-Ø]/[Vergrößerung] (das ist eine Näherungsformel) braucht, da man einerseits die Pupille des Auges nicht willentlich beeinflussen und die Austrittspupille (AP) des Fernglases nicht nachträglich verändern kann (Ausnahme: Zoom-Ferngläser). Die in diesem Lichtszenario gelegentlich genannte Dämmerungszahl nach DIN 58386 hat wenig Aussagekraft, wenn die AP nicht ausreichend Durchmesser hat. "Ausreichend" wird für Dämmerung gelegentlich mit AP ≥ 4 mm angegeben.

In Prospekten wird oft die Lichtstärke genannt, die sich zum einen aus der Modellbezeichnung als Verhältnis ([Objektiv-Ø]/[Vergrößerung])² oder als AP² berechnen lässt. Von der Einheit her ist die Lichtstärke eine Fläche und wenn man zwei Ferngläser über das "mehr an Licht" bewerten will, ist das Verhältnis der Lichtstärken, und nicht das Verhältnis der Austrittspupillen das geeignetere Maß. Ein 7×50 Fernglas hat gegenüber einem 10×50 Fernglas eine 10/7 ~ 1,4-fach größere Austrittspupille und eine (10/7)² ~ 2-fach größere Lichtstärke. Leider wächst unser Helligkeitsempfinden nur logarithmisch (Weber-Fechner-Gesetz), so dass wir trotz Verdoppelung der Lichtmenge das Objekt nicht als nicht doppelt so hell empfinden.


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